28. März 2011

Die erste Tour 2011

Ah, was verspricht mir der Wetterbericht für Traumtemperaturen und Megawetter für das Wochenende? Ein Traum - und wie gut, dass die Eltern meiner Süßen zum Besuch geladen haben. Also, was überlege ich lange? Früh aufgestanden, die Pneus auf 8,5 bar gepumpt und ab geht es - 85 Kilometer liegen vor mir, ein harter Fizik, das Cervélo und der Asphalt unter mir - Rennrad-Herz, was willst du mehr?

Die Sonne blendet, minutenlang brennt sie immer wieder zwischen den Wolkenlücken hernieder, eine Wohltat, durch den klirrekalten Morgen zu rauschen - zeitweilig wärmt sie meine schwarzen Cervélo-Klamotten stark auf - ich fühle mich wohl. Nach dem wochenlangen Training auf der Rolle eine Wohltat.

Weiß und dicht hängen die Atemschwaden vor meinen Lippen, ich atme schwer, suche aber dem runden Tritt und finde ihn schnell, sobald ich den nervigen Stadtverkehr Hamburgs hinter mir gelassen und die Schlaglöcher Norderstedts umschifft habe: Vollgas heißt die Devise.

Bis Bad Segeberg - etwa 50 Kilometer - fliege ich geradezu dahin. Es geht geradeaus an der Bundestraße, zwar fahre ich in einem hohen Gang, aber doch immer auf dem kleinen Blatt. Ein ätzender Wind weht mir beständig entgegen und so komme ich kaum über die 30 km/h-Grenze.

Aber das macht mir nichts aus, denn solange ich meine hohe Trittfrequenz durchhalten kann, bin ich im Paradies. So trete ich bis Segeberg durch, biege in Rönnau links ab und dann beginnt der Lieblingspart dieser Strecke: Die Wellen!

Bestätig geht es in teils giftigen Anstiegen kleine Rampen hoch und runter, hoch achte ich darauf, nicht unter 20, 25 km/h zu fallen, bergab ist es mir egal, bei diesem Gegenwind komme ich eh nicht über die 45er-Marke.

Und so schaffe ich es - trotz Gegenwindes - in unter 3 Stunden von Haustür zu Haustür. Neuer Rekord und ein Kuss meiner Herzdame. Toller Rennradsamstag!

Hinfahrt: 85,05 km in 2 h 58 min und 28,6 avg

Den Abend verbringen wir gemütlich bei Scrabble und Rotwein - aber nicht zuviel, denn für den Sonntag ist noch mehr Sonne angesagt. Und Rückenwind.
Hoffe ich.

Denn sobald ich nach dem Frühstück wieder auf meinem R3 sitze, bläst es mir noch stärker als gestern entgegen. "Alter!", fluche ich in die Bö, "da hat doch tatsächlich der Wind gedreht über Nacht!"

Na, egal, reingetreten, same Procedure as yesterday.

Bis Segeberg genieße ich wieder die Anstiege, diese kleinen Wellen, das zarte Grün, das wie ein weicher Flaum auf einigen Feldern schon steht und so kurble ich mit hoher Umdrehung durch Schleswig-Holstein.

In Segeberg stoppe ich nicht einmal an der Tanke - heute hat mich der Ehrgeiz gepackt, denn wie cool wäre das denn, heute noch einmal die Grenze zu verschieben?

Und so nehme ich das wilde Gehupe der Motorradmassen an roten Ampeln in Kauf, schieße um die Ecke bei Möbel Kraft und beschleunige: Gut geht es voran, die Beine schmerzen zwar, ich bin außer Puste aber das macht nichts: 2 Stunden 50 wäre klasse!

Keine 5 Kilometer vor Norderstedt passiert es dann.

Verkehrte Welt. Ich bin einen Moment unaufmerksam, fühle zwei harte Schläge, erst das Vorderrad, dann das Hinterrad, ich kann mein Rad abfangen, rolle weiter, schaue, schaue - nichts passiert.

Denke ich noch.

Vor mir vier Trutschen auf Hollandrädern, schländern über den Radweg. Ich blöke ein "Aaaachtung!" in den Wind, erschrocken stäuben sie auseinander, ich pöbele noch was im Vorbeifahren in meinen Dreitagebart und dann, keine 200 Meter vor ihnen, fühle ich den Platten.

Okay. Abgesehen davon, dass es dann richtig peinlich wird, als die Trutschen wiederum an mir vorbeiziehen, versagt mir auch noch die Lezyne-Pumpe den Dienst: Nach viermaligem Aufpumpen (!) des neuen Schlauches schmerzt mir nicht nur der Arm, sondern jedes Mal dreht der bescheuerte Schlauch auch immer das Ventil mit heraus.

Scheißprodukt!

Eine nette Pearl-Fahrerin spendiert mir dann endlich, nachdem ich noch vergeblich die Engel vom ADAC nach einer Rennradpumpe an Bord gefragt und etwa 3 Kilometer geschoben habe, eine Pumpe zum Aufstecken.

So kann ich dann endlich, nach etwa einer Stunde in der dann doch etwas kalten 6 Grad warmen Frühlingsluft wieder losfahren - mit nur 6 schwammigen Bar im Reifen, aber besser als gar nichts.

So erreiche ich dann - überraschenderweise nach auch wieder exakt 2 Stunden 58 Minuten - meine Hamburger Wohnung. Wow, denke ich mir, denn hätte ich ohne Platten weiter Vollgas geben können, wären heute bestimmt 2:45 h drin gewesen.

Aber hey, sage ich mir, Schwiegermutti wird noch desöfteren zu Kaffee und Kuchen bitten und dann ergibt sich ja wieder die Chance, den Rekord zu brechen.

Na, wenigstens kann ich an diesem Wochenende offiziell die Trainingssaison beenden - und das mit 1.006 Punkten beim Winterpokal und deutschlandweit auf Platz 193 (von 2.414). Auch okay, denn so beginnt die echte Draußensaison mit einem übererfüllten ersten Ziel.

Nur eines, das nervt. Und zwar der Spruch eines frechen Canyon-Radlers: "Na, so ein R3 ist mit Platten aber nicht mehr schnell, wa?"
Ach nee, Blödmann.


Rückfahrt: 84,21 km in 2 h 58 min und 27,1 avg
Gesamt: 169,26 km


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