8. November 2010

Rennrad-Saison 2010 - das war´s

Oha, was für ein Jahr, oder?
Für mich jedenfalls.

Zunächst investiere ich mich halb tot, um aus meiner HP Velotechnik Speedmachine aufwändig eine Edizione Bianchi zu machen - und dann fahre ich nicht einmal 6 Wochen mit dem neuen Schmuckstück.

Verkaufe das Liegerad, um mir einen reinrassigen Carbon-Renner zuzulegen.

Warum? Nun, das haben mich viele gefragt. Viele Freunde und viele Leser meines Speedmachine-Blogs. Die Antwort war einfach: Weniger Zeit = weniger ausgedehnte Touren = Bedarf an einem einfacheren, leichteren, sportlicherem Gerät = Rennrad.

Dazu kommt die Beziehung. Als Single sind 3-Wochen-Trips durch die Rockies, Arschaufreißen in den Steigungen Japans oder Brutzeln unter Portugals Sonne kein Problem - aber welche Freundin macht sowas mit? Immer getrennt die Jahresurlaube verbringen, das geht nicht.

Nein, es musste ein Sportgerät her, mit dem ich meine Speed-Süchte ausleben, ja ausreißen, fast überreizen konnte, ohne dabei 3 Wochen lang unterwegs sein zu müssen.

Das Cervélo R3 ist da perfekt.

Und wie! Eine neue Sucht entwickelte sich: Rennen zu fahren.
Oh, Jungs, was für eine tolle Sache! Was für ein Spaß, welch´ Adrenalin-Kitzel, welch Schocktherapie, Lachkrampf, Wadenattacke und Lungenberserker! Rennen zu fahren ist meine neue Leidenschaft.

Dieses nicht schlafen können in der Nacht davor, sich Transponder und Startnummern anbauen, das Gefühl, gleich stundenlang Vollgas geben zu müssen, sich messen zu können. Dieses Wabern in der Luft vor dem Start, nervöses Gezucke an Trikots und Helmen, bange Blicke beim Countdown und dann, nach dem Startschuss, das Reintreten, das Brennen in den Lungen, die Tränen in den Augen, nicht mehr können, sich leer fahren, alles geben, fast scheitern, fast stürzen, fast umfallen und doch ... die Ziellinie, diese Welle aus Adrenalin, Endorfine, die einem aus den Ohren quellen, Glück, Grinsen bis zum Gehtnichtmehr, Glück, nicht in die schrecklichen Stürze verwickelt zu sein, Nicht abgeräumt worden zu sein.

Rennen fahren. Das ist es! Das mache ich! Das ist der Hammer!
2010 beginnt mit dem Elbinsel-Radrennen der RG Uni. Nur 3 Runden auf der Elbinsel, eine geniale Strecke, 66 Kilometer nur - dafür Vollgas von der ersten bis zur letzten Minute. Immerhin schaut Hanka Kupfernagel zu (die später das Elite-Frauenrennen gewinnt) und das Trenga-Werksteam sowie die harten Jungs von der RG Uni geben das Tempo vor. Und das ist hoch.

Ich rase um Kopf und Kragen, die Lungen brennen - einer brüllt atemlos neben mir "52 km/h!!!" und ich komme glücklich ins Ziel. Glücklich, weil genau neben mir 3 Rennradreifen mit 9 Bar Druck explodieren, die Jungs fast stürzen und dann, wenige Kilometer vor dem Ziel, sich zwei Rennfahrer neben mir abschießen.

Splitterndes Carbon fliegt durch die Luft, Leute schleifen schreiend über Asphalt. Nicht schön.

Mein zweites Rennen sind die Cyclassics. Und das schon für mein neu gegründetes SunClass-Rennradteam. Eine super Erfahrung: Zusammen mit 20.000 anderen Rennradlern geht es auf die 155 Kilometer lange Strecke - bestes Wetter.

Mit extremem Wassermangel. Die Köhlbrandtbrücke genieße ich noch. Die Steigungen in Wedel brechen mir fast das Genick - es wabert der Krampf in den Waden. Nur eine drastische Tempokürzung rettet mich aufrecht ins Ziel. Und wieder diese Glückshormone. Wieder dieses Gefühl, etwas ganz Besonderes geleistet zu haben. Jemand ganz Besonderes zu sein. Herrlich.

Wenn ichs nicht eh schon längst bin - nun ist es amtlich: Ich bin rennradsüchtig!

Wenig später, es ist Oktober, gehe ich beim Münsterlandgiro - ebenfalls wieder im Trikot der Equipe SunClass - an den Start. Als 5er Team starten wir in die 150 Kilometer.

Wundervoll - am Tag der Deutschen Einheit tut sich die Sonne aus und spendiert uns noch einmal einen Tag mit über 20 Grad und Sonnenschein. Nicht weniger beeindruckend ist die Strecke: Idyllisch, fast schon zu idyllisch geht es durch das tolle Münsterland, oftmals abgelenkt von den schicken Aussichten ist der mitunter harte Gegen- und Seitenwind fast vergessen.

Nur die beiden hammerharten Bergprüfungen holen uns schmerzhaft ins Hier und Jetzt zurück. Krämpfe plagen mich (vollkommen untrainiert seit den Cyclassics) und so komme ich gerade noch so mit einer nicht ganz so ruhmreichen Zeit ins Ziel.

Aber wenigstens geschafft - anders, als beim Saisonabschluss zwei Wochen später. Beim Zeitfahren Hamburg-Berlin versage ich vollkommen. Einbruch nach nur 116 von 280 Kilometern.

Meinen Teamkollegen Steven erwischt es nach 160 Kilometern. Aber viel gelernt wenigstens.

Tja, und was war nun 2010? Switch Liegerad-Rennrad ist problemlos verlaufen, sogar meine 14-tägige Tour von Venedig nach Catania, meinen ganz persönlicher Giro di´Italia, kann ich ohne Probleme durchziehen, 1.200 Kilometer durchs Rennradparadies.

Und doch: Schaue ich mir die Statistiken an, komme ich ins Grübeln:
Beständig geht es mit meinen Kilometerleistungen bergab. Das muss - das wird - sich ändern. Einige Rennen mehr werden 2011 auf dem Kalender stehen, und schon jetzt mühe ich mich auf der Rolle ab, um beim GA1- und GA2-Training die Grundlagen für meine erste vollständige Rennrad-Saison zu legen.

Und die wird der Hammer.
Das spüre ich jetzt schon.

Kommt gut durch den Winter.
2011 rocken wir den Asphalt!


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